Auslegung des Begriffs „Barvermögen“ in testamentarischen Verfügungen

Im Rahmen von erbrechtlichen Beratungen kommt bei der Testamentsgestaltung häufig der Klientenwunsch auf, neben der Erbeinsetzung bestimmten Personen Geldbeträge zukommen zu lassen. Das Instrument hierfür ist das sog. Vermächtnis (§§ 2147 ff. BGB). Durch das Vermächtnis wird für den Bedachten das Recht begründet, von dem Beschwerten, zumeist dem Erben, die Leistung des vermachten Gegenstands zu fordern. Bei einem Geldvermächtnis kann dann entweder ein (wertgesicherter) genau definierter Geldbetrag festgelegt werden oder der Erblasser wendet dem Vermächtnisempfänger den Inhalt eines bestimmt bezeichneten Bank- oder Sparkontos zum Zeitpunkt des Erbfalls zu.

Auslegungsschwierigkeiten bei Zuwendung des „Barvermögens“

Auslegungsprobleme können dagegen dann auftreten, wenn nicht konkrete Geldbeträge oder Konteninhalte vermacht werden, sondern einer oder mehreren Personen pauschal Vermögensbestandteile ganz oder teilweise zugeordnet werden sollen. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen auslegungsbedürftige Begriffe wie „Barvermögen“ verwendet werden. In diesem Themenbereich hatte aktuell das OLG Oldenburg in einem Fall zu entscheiden (Urt. v. 20.12.2023, Az. 3 U 8/23). Dort hatte der Erblasser in § 3 seines notariellen Testaments die Erbin mit einem Vermächtnis zugunsten der Klägerin beschwert, das wie folgt formuliert war: „Das bei Eintritt des Erbfalls vorhandene Barvermögen soll zu einem 1/3 Anteil an meine Tochter, …, ausgezahlt werden.“ Die Klägerin begehrte nach dem Tod des Erblassers von der Erbin Auskunft über den Bestand des gesamten Kapitalvermögens.

Begriff Barvermögen umfasst auch verfügbare Bankguthaben

Im Rahmen der Auslegung der maßgeblichen Testamentsbestimmung hatte das Gericht den mutmaßlichen Erblasserwillen und dabei den Sprachgebrauch des Erblassers, subsidiär den der Kreise des Erblassers und wiederum hilfsweise den allgemeine Sprachgebrauch zu berücksichtigen. Im Rahmen der Ermittlung des allgemeinen Sprachgebrauchs kommt das OLG Oldenburg zu der Auffassung, angesichts des überwiegend bargeldlosen Zahlungsverkehrs seien heute unter „Bargeld“ auch die bei Banken befindlichen, sofort verfügbaren Gelder, also Buchgeld, zu verstehen. Damit liegt es auf der Linie bereits zuvor ergangener Entscheidungen, wiederspricht aber einer anderen kürzlich ergangenen Entscheidung des OLG München (Beschl. v. 5.4.2022, Az. 33 U 1473/21, wonach auch heute im allgemeinen Sprachgebrauch mit dem Begriff des Bargelds kein Buchgeld gemeint sei.

Umstritten, ob auch Wertpapiere umfasst

Weiterhin war im vom OLG Oldenburg zu entscheidenden Fall umstritten, ob nach dem Erblasserwillen Wertpapiere vom vermachten „Barvermögen“ gedeckt waren. Dies verneint das OLG gegen anderslautende Stimmen in Literatur und Rechtsprechung, da der allgemeine Sprachgebrauch durchaus zwischen „Barvermögen“ und „Kapitalvermögen“ differenziere, wobei lediglich letzteres Wertpapiere erfasse.

Fazit

Insbesondere notarielle Testamente sollten auf die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe wie „Barvermögen“ verzichten. Vielmehr sollte auch bei Finanzwerten genau definiert werden, welche Vermögensgegenstände konkret vermacht werden sollen.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

7 Jun, 2024