Gefahren bei Verfügungen eines Testamentsvollstreckers über Grundbesitz

Ist für einen Nachlass Testamentsvollstreckung angeordnet (§ 2197 BGB), dann ist allein der Testamentsvollstrecker befugt, über Nachlassgegenstände zu verfügen (§§ 2205 Absatz Abs. 1 S. 2, 2211 BGB). Wird durch den Testamentsvollstrecker ein Nachlassgrundstück veräußert, muss diese Verfügungsmacht dem Grundbuchamt gegenüber nachgewiesen werden. Hierfür kommt einerseits die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses (§ 2368 BGB), aber auch ein Eröffnungsprotokoll einer notariellen letztwilligen Verfügung kombiniert mit einer Bescheinigung des Nachlassgerichts über die Annahme des Amtes in Betracht. Da die Beantragung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, analog zum Erbschein, mit zusätzlichen Gebühren verbunden ist, wollen die Beteiligten nach Möglichkeit von der zweitgenannten Alternative Gebrauch machen

BGH verdeutlicht die Risiken einer Verfügung ohne Testamentsvollstreckerzeugnis

Eine Verfügung über Grundbesitz ohne ein Testamentsvollstreckerzeugnis birgt für die Beteiligten aber auch Gefahren, die Notaren bewusst sein sollten. Dies verdeutlicht ein kürzlich ergangener Beschluss des BGH (Beschl. v. 19.10.2023, Az. V ZB 8/23). In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war der Testamentsvollstrecker in einem notariellen Testament zum Testamentsvollstrecker bestimmt worden. Auf dieser Grundlage erfolgte auch die Grundbuchberichtigung auf die Erben sowie die Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks. Beim Verkauf des Grundstücks legitimierte sich der Testamentsvollstrecker ausschließlich durch die Vorlage einer Bescheinigung des Nachlassgerichts über die Annahme des Amtes. Nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Käufers verlangte das Grundbuchamt für die nach Kaufpreiszahlung beantragte Eigentumsumschreibung nun auf einmal ein Testamentsvollstreckerzeugnis, da der Rechtsanwalt des Bruders der Erblasserin für diesen die Erteilung eines Erbscheins beantragt hatte, mit der Begründung, die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments testierunfähig gewesen und die im Testament enthaltenen letztwilligen Verfügungen würden angefochten.

Öffentliches Testament gewährt keinen Gutglaubensschutz

Der BGH gab dem Grundbuchamt Recht. In dem entschiedenen Fall zeigt sich die Schwäche einer Verfügung des Testamentsvollstreckers ohne Vorliegen eines Testamentsvollstreckerzeugnisses. Zwar ermöglicht das öffentliche Testament eine Nachweiserleichterung im Grundbuchverfahren, im Gegensatz zum Erbschein oder dem Testamentsvollstreckerzeugnis (vgl. § 2368 S. 2 iVm § 2365 f. BGB) bietet es aber keinen Gutglaubensschutz des Käufers. Somit kam es in der Entscheidung allein darauf an, ob § 35 Abs. 1 S. 2 2. Hs. GBO dem Grundbuchamt die Befugnis gibt, ein Testamentsvollstreckerzeugnis auch dann zu verlangen, wenn ein öffentliches Testament mit Nachweis über die Amtsannahme vorgelegt wird. Hierfür müssen Gründe vorliegen, die für das Grundbuchamt Zweifel an der Richtigkeit der begehrten Eintragung begründen.

Grundbuchamt macht sich Zweifel des Nachlassgerichts zu eigen

Insoweit ist zwar im Grundsatz zu beachten, dass auch hier der allgemeine Erfahrungssatz gilt, dass ein Erblasser als testierfähig gilt, zumal diese Testierfähigkeit bei einem öffentlichen Testament durch einen Notar überprüft worden ist. Der BGH macht auch klar, dass auch die bloße Behauptung eines Dritten, meist eines übergangenen gesetzlichen Erben, für das Grundbuchamt unbeachtlich sei, denn ansonsten habe es der Dritte in der Hand, durch bloße Behauptungen das Eintragungsverfahren zu behindern. Im konkreten Fall war allerdings bereits ein nachlassgerichtliches Verfahren anhängig, und das Nachlassgericht hatte weitere Ermittlungen für erforderlich gehalten. Das Grundbuchamt konnte sich also die Zweifel des Nachlassgerichts zu eigen machen und den Nachweis der Verfügungsbefugnis durch Testamentsvollstreckerzeugnis verlangen.

Fazit

Verfügt ein Testamentsvollstrecker über ein zum Nachlass gehörendes Grundstück, bedarf es zur Vermeidung von Überraschungen stets der Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses. Der alternative Nachweis der Verfügungsbefugnis durch eröffnetes notarielles Testament nebst gerichtlicher Bestätigung über die „Annahme des Amtes ist zwar ebenfalls möglich, er entfaltet jedoch keinen Gutglaubensschutz zugunsten des Erwerbers. Der Erwerb vom Testamentsvollstrecker ohne Testamentsvollstreckerzeugnis ist also erheblich riskanter als der Erwerb vom im Grundbuch eingetragenen Eigentümer. Käufer ist daher anzuraten, generell auf die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses bestehen.

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Dr. Hannes Klühs

24 Mrz, 2024